Im ersten Teil unserer Schlafserie haben wir den Schlaf samt Phasen beschrieben und sind dann, aufbauend auf diesem Grundlagenwissen, im 2. Artikel vertiefend auf den Einfluss der Ernährung auf den Schlaf und umgekehrt eingegangen. Unsere Schlafserie wird nun durch den Teil Schlaf und Regeneration abgeschlossen.
Hierzu werden wir zunächst den Begriff Regeneration näher definieren, um dadurch den Einfluss und die Wirkung von Schlaf auf unseren Organismus besser zu verstehen. Unter Regeneration verstehen wir die erneute Bildung, Entstehung, natürliche Wiederherstellung von verletztem, abgestorbenem Gewebe o. Ä..
Sowohl unsere circadiane Rhythmik, als auch die Schlafqualität pro Nacht und kumuliert haben Einfluss auf unsere Erholung. Auf circadianer Ebene argumentiert man die Auswirkungen auf die Physiologie immer auf genetischer Basis. Im menschlichen Körper sind übrigens die Uhr-Gene CLOCK, BMAL1, CRY, PER1, PER2 und PER3 am bekanntesten. Allein dem ultradianen Rhythmus folgen aber noch über 3.000 weitere Gene in ihrer Aktivierung und Deaktivierung. Diese Uhr-Gene haben außerdem sekundär Einfluss auf die Bildung von Muskelzellen und -fasern und damit wiederum auf die Funktion und die Art der Muskeln in unserem Körper.
Besonders auf die Bildung von Muskelzellen des Typs I, also Ausdauermuskulatur, hat eine stete circadiane Rhythmik messbaren positiven Einfluss. Eine Wechselwirkung zwischen circadianer Rhythmik, Regeneration und Schlaf besteht bezüglich Muskulatur dahingehend, dass regelmäßige Bewegung und damit muskuläre Aktivität dann einen vermehrten Ausstoß von Interleukin-15 gezeigt hat, der in Tierversuchen als Injektion verabreicht eine verbesserte Tagesrhythmik und tieferen Schlaf ausgelöst hat. Selbst bei vollständiger Entnahme der „Masterclock“ der inneren Uhren konnte man den Tieren so eine Tag-Nacht-Rhythmik antrainieren!
Auf dem Grundlagenwissen über Schlafphasen aufbauend (opt. Link Teil 1 hier), können wir nun auch verschiedene Schlafstadien verschiedenen Regenerationsschwerpunkten sowie -mechanismen zuordnen.
Wir erinnern uns: In unseren Tiefschlafphasen, welche in der ersten Nachthälfte am längsten sind, profitiert unser Körper am meisten bezüglich der Regeneration. In ihnen werden dann Körperfunktionen verlangsamt, so zum Beispiel die Herzfrequenz und der Blutdruck. Das Cortisollevel sinkt infolge auf ein Minimum. Als weitere Folge verringert sich dann der Stress auf die Blutgefäße.
In den N3- und N4-Schlafphasen wird ein hohes Niveau von körpereigenen Wachstumshormonen (HGH, human growth hormone) erreicht – somit können die entstressten, aber von der hohen Belastung am Tag angegriffenen Gefäßwände repariert werden. Was passiert, wenn dieser Mechanismus durch zu wenig oder verschobenen Schlaf gestört oder uns gar genommen wird, sehen wir dann an einer interessanten Beobachtung: Die dokumentierten Herzinfarkte (zählen zu den kardiovaskulären Ereignissen) häufen sich am Tag nach der Zeitumstellung auf die Sommerzeit (ergo eine um eine Stunde gekürzte Nacht). Diese Stunde ist der Tropfen, der dann das kardiovaskuläre Ereignisfass zum Überlaufen bringt.
Allerdings passiert cerebral nicht weniger in den Tiefschlafphasen! Alle Informationen, die über den Tag auf uns einprasseln, so unwichtig sie uns auch erscheinen, werden ähnlich wie auf einem Computer in einem Zwischenspeicher gesichert, bis dann das Gehirn eine ruhige Minute findet, sie nach Wichtigkeit zu ordnen. Diese ruhige Minute ist unser Tiefschlaf. Forscher haben sogar mittlerweile eine Möglichkeit gefunden, durch Tiefschlaf-Beobachtungen abzuschätzen, wie viel von den Zwischenspeicher-Infos dann tatsächlich im Langzeitgedächtnis landet.
Wir erinnern uns ebenfalls: In unseren REM-Phasen, also den Haupttraumphasen, ist unser Hirn extrem aktiv und strukturiert dann einiges neu. In diesen Phasen ist unser Präfrontalkortex, also unser Vernunftzentrum des Hirns sehr inaktiv – daher träumen wir so wirres und irreales Zeug. Das wiederum hilft uns aber, Informationen des Tages mit autobiografischen Wissens-Errungenschaften zu vergleichen und diese dann zu verknüpfen – wir lernen. In REM-Träumen verarbeiten wir übrigens Emotionen, allerdings ohne Stressoren! Das ist möglich, weil in der REM-Phase als einziger Tageszeit kein Noradrenalin in unserem Hirn vorhanden ist – selbst schlechte Träume wühlen uns zum Zeitpunkt des Traums selbst physiologisch nicht auf. Ist dieser Mechanismus gestört, erleben Träumende Flashbacks, zum Beispiel so beobachtet bei stationär behandelten Veteranen.
Der Jetlag: Störung des biologischen Rhythmus aufgrund der mit weiten Flugreisen verbundenen Zeitunterschiede
Das Problem an der genetischen Mitte der Nacht ist: sie lässt sich nicht verschieben, auch nicht durch Übung oder Gewohnheit.
Was passiert, wenn wir zu spät ins Bett gehen?
Wir verlieren dann Tiefschlaf und damit wichtige Reparatur- und metabolische Maßnahmen.
Und wenn wir zu früh aufstehen müssen?
Wir verlieren REM- und Leichtschlafphasen und damit einiges an Zeit, in der kognitive und motorische Feinheiten gespeichert werden. Problematisch ist das deshalb in der heutigen Zeit, weil wir immer geneigter werden, Schlaf gegen Freizeitaktivitäten zu tauschen, selbst wenn wir es dann besser wissen und lieber ins Bett wollen: oft sind es soziale Verpflichtungen, die uns dazu bewegen, doch noch eine Stunde aufzubleiben oder dann besonders früh aus den Federn zu hüpfen. Das nennt sich social jetlag und wirkt ganz genauso ungesund wie der Reise-Jetlag – nur den haben wir nicht täglich.
Quellen