80/20 REGEL

80-20-Regel

Wenn es um gesunde Ernährung geht, werden Lebensmittel, die stark verarbeitet sind und kaum wichtige Nährstoffe liefern, gerne verteufelt. Denn es klingt ja nur logisch, dass die Tafel Schokolade nicht zu einer gesunden Ernährung passt. Doch was passiert, wenn Du Dir alles verbietest, was „ungesund“ ist bzw. eine geringe Nährstoffdichte hat? Oft kann es sein, dass dieser absolute Verzicht mental nicht gut vertragen wird und zum Beispiel Fressattacken auftreten oder die Ernährung zu Stress führt. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass eine perfektionistische Ernährung ein Problem für die mentale Gesundheit werden kann. Inzwischen wird deshalb ein anderer Ansatz genutzt, die 80/20 Regel. Mit ihr als Orientierung soll ein Mittelweg gefunden werden, der eine gesunde Ernährung
fördert, jedoch auch gesellschaftsfähig ist und die mentale Gesundheit nicht außer Acht lässt. Denn wer genießt nicht gerne ein Stück frisch gebackenen Kuchen im Lieblingscafé ums Eck, die Tüte Popcorn im Kino oder auch eine leckere Pizza unter Freunden. All dies findet einen Platz in einer gesunden Ernährung und auch in einer Diät, weil: alles in Maßen, nicht in Massen. Und genau hier liegt der entscheidende Faktor, welcher durch die 80/20 Regel passend visualisiert wird.

2. Was genau steckt hinter der 80/20 Regel?

Die 80/20 Regel kannst Du als allgemeine Richtlinie und Grundlage Deiner Ernährung sehen. Denn um mit einer Ernährungsweise langfristig sowohl gesund, als auch glücklich zu leben, sind verschiedene Dinge zu berücksichtigen – und dabei ist es erst einmal zweitrangig, ob Du Muskeln aufbauen, Fett abbauen oder Deine sportliche Leistung verbessern möchtest. Für eine nachhaltig gesunde Ernährung spielt nicht nur das Einhalten Deiner benötigten Makronährstoffe eine entscheidende Rolle. Es ist nicht allein die körperliche, sondern auch die mentale Gesundheit, welche es zu berücksichtigen gilt; und dazu gehören eben nicht nur Kohlenhydrate, Proteine, Fette, Ballaststoffe, Vitamine und Mineralstoffe. Selbstverständlich sind diese Nährstoffe alle sehr wichtig für Deinen Körper und im besten Fall versorgst Du ihn optimal, um alle biochemischen Prozesse zu ermöglichen. Doch es ist auch wichtig, dass Deine Ernährung gesellschaftsfähig ist, dass Du auf Deine mentale Gesundheit achtest, Dir Lebensmittel nicht verbietest und Dich Deine Ernährung nicht stresst. So gehören neben unverarbeiteten Lebensmitteln, deren Inhaltsstoffe sie selbst sind, auch Schokolade, Döner oder Wein in diese Ernährungsweise. Sicher sind die 80% unverarbeitete Lebensmittel und 20% Soulfood nicht als feste Regel zu verstehen und es gibt Lebensabschnitte, in denen bestimmte Prioritäten zu einer anderen Verteilung führen. Beispielsweise werden Leistungssportler:innen eher eine 90/10 Verteilung wählen, weil sie die Ernährung mit einer anderen Priorität betrachten. Wenn es gerade um eine Olympiateilnahme geht, ist temporär auch eine 95/5 Verteilung sinnvoll. Ebenso kann es Phasen in Deinem Leben geben, in denen Deine Ernährung eher einer 75/25 Verteilung gleicht.

3. Wie lässt sich dieser Ansatz evidenzbasiert ableiten?

Dein Körper benötigt zum Erhalt der Gesundheit Kohlenhydrate, Proteine und Fette, welche auch in stark verarbeiteten Lebensmitteln vorhanden sind. Oft jedoch ist die Verteilung dieser Makronährstoffe in verarbeiteten Lebensmitteln sehr ungünstig, weil diese relativ viele Fette beinhalten und der Kohlenhydratanteil zu gering ausfällt. Hinzu kommt, dass es sich bei den Fetten oft um Transfette sowie gesättigte Fettsäuren handelt und der Anteil ungesättigter Fettsäuren sehr gering ausfällt, allerdings die zuletzt genannten wichtig für den Körper sind. Schaut man sich hierzu beispielsweise einen Beef-Burger mit Süßkartoffelpommes genauer an, so treffen diese Eigenschaften alle zu. Der Bun und die Süßkartoffelpommes liefern Kohlenhydrate und das Patty Proteine, jedoch ist der Fettanteil bei den Pommes und dem Patty sehr hoch, sodass Du mit dieser Mahlzeit eine optimale Makroverteilung bei weitem verfehlst und eine deutlich erhöhte Fettzufuhr hast. Dennoch sind Burger und Pommes nicht zu verteufeln und können als 20% Soulfood integriert werden.
Schaut man sich neben den Makronährstoffen nachfolgend den Ballaststoffanteil und die Mikronährstoffdichte bei verarbeiteten Lebensmitteln an, so fällt auf, dass man darüber nicht auf seinen täglichen Bedarf kommt. Viele Mikronährstoffe sowie genügend Ballaststoffe können ausreichend über die Nahrung aufgenommen werden, solange Deine Ernährung abwechslungsreich bleibt. Denn besteht Deine Ernährung zwar größtenteils aus unverarbeiteten Lebensmitteln, Du jedoch täglich monoton das gleiche isst, steigt damit das Risiko für bestimmte Nährstoffmängel. Erwähnt sei an dieser Stelle auch, dass Mikronährstoffe wie Vitamin B12 oder Calcium durch Weglassen entsprechender Lebensmittelgruppen bei veganer oder laktosefreier Ernährung kritisch werden können. Somit schließt auch eine Ernährung, welche 100% unverarbeitete Lebensmittel beinhaltet, Nährstoffmängel zwar nicht komplett aus – doch kein Gemüse zu essen, ist auch keine Lösung.

Fokussiert man sich auf die aktuelle Studienlage, so werden aus ernährungswissenschaftlicher Sicht insbesondere die Punkte Gewichtszunahme und erhöhtes Krankheitsrisiko mit hochverarbeiteten Lebensmitteln in Verbindung gebracht. Demgegenüber stehen die Studien aus der Ernährungspsychologie, welche die positiven Aspekte von Genuss untersuchen. Die Ergebnisse bilden ab, dass Genuss positive Effekte auf die mentale Gesundheit haben kann. Beispiele sind hierfür die Aufrechterhaltung einer positiven Stimmung und seelischen Balance, Schutz vor Stress im Alltag und potenzielle Erhöhung der Lebensqualität.

4. UMWELTBEDINGUNGEN UND REISEN

Damit Du eine gute Vorstellung davon bekommst, wie Du die 80/20 Regel in Deinen Alltag integrieren kannst, geben wir Dir hier ein paar Beispiele. Denn diesen Ansatz kannst Du pro Mahlzeit, pro Tag oder auch pro Woche übernehmen.

Pro Mahlzeit:
Du isst vielleicht gerne Porridge am Morgen, als Topping kannst Du zum Beispiel ein Stück Schokolade dazu tun.

Pro Tag:
Wenn Du am Abend gerne einen süßen Snack, vielleicht ein paar Kekse essen möchtest, passt auch das zur 80/20 Regel.

Pro Woche:
Du gehst am Freitag Abend gerne mit Freunden aus? Gönn Dir das Glas Wein und iss vielleicht einen Burger mit Pommes. Auch das passt in eine ausgewogene Ernährung.

Quellen

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