Der Superfood-Hype und heimische Alternativen

Açaí-Maca-Smoothie-Bowl mit einem Topping aus Chiasamen, Goji-Beeren und rohen Kakaonibs – wer hier jetzt erstmal die Stirn runzelt anstatt dann „guten Appetit“ zu wünschen, hat den Trend um Superfoods wohl noch nicht mitbekommen – oder frühstückt schlichtweg lieber Marmeladenbrot und Früchtemüsli.

Hinter den neuartig sowie exotisch klingenden Begriffen vermuten wir wahre Schönheits- und Gesundheitselixiere – zumindest suggerieren uns das viele Händler und Hersteller und locken oftmals mit dreisten Werbeversprechen zum Kauf. Seit einigen Jahren sind sogenannte Superfoods aus aller Welt im Trend (oder wortwörtlich in aller Munde) und bereichern die Gastronomie, den Markt für Nahrungsergänzungsmittel ebenso wie unsere Supermarktregale. Dabei vergessen wir leider zunehmend, dass in unserer Heimat viele Lebensmittel wachsen, deren Inhaltsstoffe den ausländischen Superfoods in nichts nachstehen – und dabei auch noch das Klima und den Geldbeutel schonen.

Was sind eigentlich Superfoods?

Der Begriff „Superfood“ ist kein geschützter Begriff. Darunter fallen viele, meist pflanzliche Lebensmittel, die von Natur aus reich an Mikronährstoffen (Vitamine, Spurenelemente, Mineralien), Enzymen und Sekundären Pflanzenstoffen sind. Beworben werden diese dann als besonders gesundheitsförderlich oder sogar verjüngend wirkend. Neben vielen weitgereisten Exoten, wie beispielsweise Chiasamen und Goji-Beeren kann man also auch unsere heimischen Leinsamen und Sanddornbeeren als Superfoods bezeichnen. Bedingt durch lange Transportwege sind viele ausländische Superfoods selten frisch, sondern meist in konservierter Form, wie beispielsweise als Kapsel oder Pulver erhältlich. 

Oft mangelt es an strengen Kontrollen bei Anbau, Verarbeitung und Lagerung, weshalb die Gefahr von Kontaminationen groß ist.

Doch nicht so super: Superfoods in der Kritik

- Qualität -

Der zunehmende Verzehr von Superfoods aus aller Welt geht mit den Trends einher, sich vegan/vegetarisch, bzw. besonders gesund zu ernähren und wird durch die Globalisierung möglich gemacht. Durch eine ansprechende Vermarktung im Internet und Bewerbung auf Social-Media-Kanälen werden Superfoods dann regelrecht gehyped und sind vor allem in der Gesundheitsbranche und Fitness-Szene verbreitet. 

Ernährungsphysiologisch spricht erstmal nichts gegen den Konsum exotischer Lebensmittel – solange diese nicht mit Pflanzenschutzmitteln verunreinigt oder mit anderen Schadstoffen, wie z.B. Mineralölen und Schwermetallen belastet sind. Die Qualität der Waren fällt allerdings häufig sehr unterschiedlich aus. Und wer gute Qualität möchte, muss dann für geprüfte und zertifizierte Ware meist tief in den Geldbeutel greifen. Wenn Superfoods lange Transportwege zurücklegen und hierfür stark verarbeitet oder konserviert werden müssen, büßen sie außerdem häufig ihre Frische und einige ihrer wertvollen Nährstoffe ein. Außerdem sind manche gesundheitlichen Wirkungen, mit denen geworben wird, wissenschaftlich gar nicht bestätigt! Es ist also Vorsicht geboten bei angegebenen Nährwertanalysen, Wirkungen und Erfahrungsberichten von angeblichen Kunden – diese können, wie auch bei vielen anderen Produkten, auch von kommerzieller und interessenvertretender Art sein.

- Umwelt -

Wie man sich denken kann, wird der ökologische Fußabdruck recht groß, wenn man Superfoods aus fernen Ländern kauft. Neben umweltbelastenden Emissionsausstößen durch lange Transportwege ist auch der Ressourcenverbrauch in den Anbauländern meistens kein nachhaltiger. Eine steigende Nachfrage nach bestimmten Superfoods führt dann zur vermehrten Produktion in den Anbaugebieten, wofür wiederum viel Waldfläche gerodet und Monokulturen betrieben werden müssen. 

Ein intensiv betriebener und einseitiger Anbau auf den Feldern zieht Probleme wie Wasserknappheit (z.B. beim wasserintensiven Anbau von Avocados und Mandeln), Einsatz von Pestiziden und Herbiziden und Gefährdung der Bodenfruchtbarkeit mit sich. Da der internationale Markt den Preis bestimmt, werden viele kleine Landwirte und Einwohner der Anbauländer unter Druck gesetzt sowie ausgebeutet. Durch die große Nachfrage aus dem Ausland nach beispielsweise Quinoa aus Bolivien, können sich viele Einheimische ihr eigenes Grundnahrungsmittel finanziell nicht mehr leisten und müssen auf andere Lebensmittel ausweichen – schuld sind wir Konsumenten!


Greif mehr zu heimischen Nährstoffbomben!

Anstatt die traditionellen Nahrungsmittel aus anderen Ländern zu konsumieren, sollten wir öfter unsere heimische Landwirtschaft unterstützen und zu Lebensmitteln aus regionalem, bestenfalls auch saisonalem Anbau greifen. Diese klingen vielleicht dann nicht ganz so aufregend und exotisch, können aber in puncto Nährstoffe mit den ausländischen Pendants locker mithalten. Zudem sind die Transportwege viel kürzer, der Energieverbrauch geringer und die Waren meist auch frischer und damit nährstoffreicher. 

Und wer doch auf das ein oder andere exotische Superfood nicht verzichten möchte, der sollte zuliebe der eigenen Gesundheit, der Lebensgrundlage der Landwirte und des ökologischen Fußabdrucks auf Bio-Label und Fairtrade und nicht auf den günstigsten Preis setzen. Wie der zustande kommt, können wir uns jetzt sicher alle denken…

Es folgt noch eine kleine Auswahl derzeit beliebter Superfoods und deren heimische Alternativen:


Superfoods und heimische Alternativen

Chiasamen vs. Leinsamen

Jeder kennt mittlerweile die ballaststoffreichen Chiasamen, die gerne beim veganen Kochen und Backen verwendet werden. Doch auch Leinsamen stehen Chiasamen in nichts nach – sie besitzen eine etwas größere Menge an Omega-3-Fettsäuren (20 Gramm vs. 18 Gramm α–Linolensäure / 100 Gramm Trockengewicht) sowie an Ballaststoffen (35 Gramm vs. 34,4 Gramm / 100 Gramm Trockengewicht) und sind meist viel günstiger.

Goji-Beeren vs. Schwarze Johannisbeeren & Sanddornbeeren

Goji-Beeren werden aufgrund ihrer medizinischen Wirkung in der traditionellen chinesischen Medizin verwendet und enthalten sehr viele verschiedene Nährstoffe. Wir kennen diese allerdings nur in getrocknetem Zustand, da sie einen langen Weg bis zu uns zurücklegen müssen. Ebenso vitamin- und mineralstoffreich sind hierzulande schwarze Johannisbeeren und Sanddornbeeren, welche sowohl günstiger als auch in frischer Form zu verzehren sind.  Beispielsweise liefern 100 Gramm frische Sanddornbeeren 450% der empfohlenen Tagesdosis für Vitamin C, 100 Gramm frische Schwarze Johannisbeeren um die 190%, wohingegen Goji-Beeren in derselben Menge lediglich ca. 50% des empfohlenen Tagesbedarfs decken.

Açaí-Beeren vs. Dunkle Beeren, Rote Trauben, Blaukraut/Rotkohl, Oliven

Die aus dem Regenwald stammenden Açaí-Beeren sind reich an Antioxidantien und enthalten besonders viel von dem blau-roten Pflanzenfarbstoff Anthocyan (bis zu 1000 Gramm/100 Gramm), welcher als Radikalfänger in unserem Körper dient. Bei uns kommen die Superfood-Beeren hauptsächlich gefriergetrocknet, als Pulver oder Saft an. Ähnlich vitamin- und anthocyan-reich ist auch unser blau- und rotfarbenes Obst und Gemüse, wie Blaubeeren (bis zu 515 Gramm/100 Gramm), Brombeeren (bis zu 350 Gramm/100 Gramm), Holunderbeeren (bis zu 1000 Gramm/100 Gramm), Blaukraut/Rotkohl (bis zu 40 Gramm/100 Gramm) sowie Rote Trauben (bis zu 750 Gramm/100 Gramm – sortenabhängig). Letztere werden größtenteils aus den europäischen Ländern Frankreich, Spanien und Italien bezogen. Allerdings gibt es auch deutsche Anbaugebiete. Mit einem Fettgehalt von fast 50% ähnelt die zuckerarme Açaí-Beere eher der Olive.

Quinoa vs. Hirse

Unsere einheimische Hirse ist ebenfalls ein kleinkörniges Pseudogetreide und enthält auf 100 Gramm Trockengewicht ca. 10,6 Gramm Eiweiß, 123 Milligramm Magnesium und 310 Milligramm Phosphor. Quinoa in derselben Menge enthält mit ca. 12,2 Gramm etwas mehr Eiweiß, mit 198 Milligramm etwas mehr Magnesium und ist mit ca. 610 Milligramm phosphorreicher. Dafür ist die Hirse (auf 100 Gramm Trockengewicht) fettärmer (3,9 Gramm vs. 5,9 Gramm), eisen- (6900 μg vs. 2918 μg) und zinkreicher (2867 μg vs. 2247 μg). Auf Quinoa muss man dennoch nicht verzichten – mittlerweile wird das ursprünglich aus Südamerika stammende „Korn der Inkas“ von ein paar wenigen Landwirten in Deutschland angebaut. Beim Kauf von vermeintlichen Exoten lohnt sich also ein Blick auf das Herkunftsland.

Weitere Heimische Kraftpakete

Ackersenf, Brennnessel, Brokkoli, Brombeere, Brunnenkresse, Chicoree, Feldsalat, Grünkohl, Hafer, Himbeere, Knoblauch, Kohlrabi, Lauch, Löwenzahn, Mangold, Pastinake, Portulak, Rettich, Rosenkohl, Rote Bete, Rucola, Sellerie, Schwarzkohl, Sonnenblumenkerne, Spinat, Topinambur, Walnüsse, Weißkohl …

Übrigens: Ein Tierisches Nährstoffwunder

Neben pflanzlichen Superfoods reiht sich ein tierisches Nährstoffwunder mit ein: Das Hühnerei! Dessen Protein ist biologisch so hochwertig, dass es als Referenzwert für alle eiweißhaltigen Lebensmitteln verwendet wird. Bis auf das Vitamin C sind im Ei vom Huhn alle wasser- und fettlöslichen Vitamine enthalten und ist zudem reich an Phosphor, Kalzium, Eisen, Natrium sowie Kalium – ein echtes Superfood also! Aber bitte nur von glücklichen Hühnern aus regionaler Freilandhaltung kaufen.

Fazit

Greif öfter zu regionalen, saisonalen „Superfoods“ – das schont das Klima und deinen Geldbeutel und unterstützt die heimische Landwirtschaft! Es gilt die altbekannte Regel: Je bunter, frischer und unverarbeiteter deine Lebensmittel, desto nährstoffreicher sind diese. Und wer doch bestimmte exotische Superfoods nicht mehr missen möchte, der kann sein Gewissen erleichtern, indem er einen Blick auf das Herkunftsland wirft und auf Bio-Zertifizierung und Fairtrade Wert legt. 

In diesem Sinne ein passendes Zitat von Johann Wolfgang von Goethe:                                                            

“Willst du immer weiter schweifen? Sieh, das Gute liegt so nah. Lerne nur das Glück ergreifen: Denn das Glück ist immer da.”

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Quellen

  • Bernhauser, Isabel (2018). Heimische Superfoods statt Exoten – Goji- oder Johannisbeere? Aufruf am 27.10.20 unter https://ecodemy.de/magazin/goji-beeren-gesund/

  • Burdick, B.m Clausen, A., Mühleisen, I. (2016). Entwicklungen & Trends 2016. Zwischen Superfood und Verschwendung – Trends und fehlende Transparenz. Der Kritische Agrarbericht 2017, Verbraucher und Ernährungskultur, 11, 291-299. Aufruf unter https://www.kritischer-agrarbericht.de/fileadmin/Daten-KAB/KAB-2017/KAB_2017_291_299_Burdick_et_al.pdf

  • Clausen, A. (o.J.). Wie super sind Superfoods? UGBforum, 4(15), 193-196. https://www.ugb.de/lebensmittel-im-test/naehrwert-superfoods/

  • Lobitz, R. (20.03.2019). Nährstoffe im Ei: Was ist drin? Aufruf am 30.08.20 unter https://www.bzfe.de/inhalt/naehrstoffe-im-ei-33743.html

  • Loyer, J. (2016). Superfoods. In: Thompson, P.B. & Kaplan, D.M. (Hrsg.), Encyclopedia of food and agricultural ethics, 2, 1-7. Springer Netherlands. DOI: https://link.springer.com/referenceworkentry/10.1007%2F978-94-007-6167-4_574-1

  • Magrach, A., Sanz, M. J. (2020). Environmental and social consequences of the increase in the demand for ‘superfoods’ world-wide. People And Nature, 2, 267–278. https://doi.org/10.1002/pan3.10085

  • MacGregor, C., Petersen, A., Parker, C. (2018). Promoting a healthier,younger you: The media marketing of anti-ageing superfoods. Journal of Consumer Culture, 0(0), 1-16. DOI: 10.1177/1469540518773825 

  • Naehrwertrechner.com. Aufruf am 27.10.2020 unter https://www.naehrwertrechner.de/naehrwerte/H-chia/Chiasamen+getrocknet

  • Verbraucherzentrale NRW e.V. (05.03.2018). Acai – die brasilianische Wunderbeere? Aufruf am 30.08.20 unter https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/lebensmittel/nahrungsergaenzungsmittel/acai-die-brasilianische-wunderbeere-5621

  • Beuschel, D. (17.05.2016). Liste heimischer Superfoods. Aufgerufen am 30.08.20 unter https://www.wir-essen-gesund.de/heimische-superfoods-uebersicht/

  • Bernhauser, Isabel (2018). Heimische Superfoods statt Exoten – Hirse statt Quinoa. Aufruf am 27.10.2020 unter https://ecodemy.de/magazin/quinoa-kohlenhydrate.de

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