Was genau sind Energiesysteme, wie ist ihre Funktionsweise und was bedeutet das dann für uns und den Sport den wir betreiben? Genau diese Fragen wollen wir heute beantworten und das gewonnene Wissen könnt ihr auf die Sportarten Ausdauersport, Functional Fitness, Kraftsport und Schnellkraft anwenden.
Was sind denn die Anforderungen, die an den Körper und den Athleten gestellt werden? Welches Energiesystem dominiert dann während einer Belastung? Fragen über Fragen, also lasst uns doch direkt in das Thema einsteigen!
Alle Prozesse im menschlichen Körper benötigen Energie, welche wir dann in der Form von Kohlenhydraten, Fetten und/oder Eiweißen über die Nahrung zuführen. Dementsprechend gilt es auch für körperliche Aktivität. Hierzu wird die Energie, die wir über die Nahrung zuführen oder aus den Energiespeichern des Körpers gewinnen ständig in ATP (Adenosintriphosphat) umgewandelt. ATP ist die Energiewährung unseres Körpers und wird dann für jegliche Form von körperlicher Aktivität benötigt. Ohne ATP können Muskelkontraktionen nicht stattfinden und da der körpereigene ATP Speicher allerdings sehr klein ist, muss ATP ständig neu aus anderen energiereichen Subtraten resynthetisiert werden. Genau hier kommen dann die drei Energiesysteme des Körpers ins Spiel: das Anaerob-alaktazide, das Anaerob-laktazide sowie das Aerobe Energiesystem. Während die anaerobe Energiegewinnung ohne Sauerstoff auskommt, findet die aerobe Energiegewinnung dann unter Verwendung von Sauerstoff statt. Im Folgenden stellen wir die einzelnen Energiesysteme etwas genauer vor.
Das Anaerob-alaktazide oder auch Adenosintriphosphat-Kreatinphosphat (ATP-KP) System ist das leistungsstärkste Energiesystem des menschliche Körpers. Die Energiebereitstellung erfolgt hier unmittelbar durch ATP und KP, kann allerdings auch nur für wenige Sekunden aufrechterhalten werden. Beim Start jeglicher körperlicher Aktivität wird zuerst das im Körper gespeicherte ATP verbraucht. Dieses ist dann nach gerade einmal 2-5s aufgebraucht, sodass unmittelbar KP genutzt wird, um somit die schnelle Bereitstellung von ATP aufrechtzuerhalten. Nach ca. 10 bis maximal 20s ist dann das Limit des ATP-KP Systems erreicht und die Intensität wird folglich zwangsweise nachlassen. Es ist somit entscheidend bei maximalen Intensitäten wie zum Beispiel einem 100m Sprint, 1RM Snatch, 1RM Back Squat oder Air Bike Sprint.
Bei der anaerob-laktaziden Energiegewinnung, auch bekannt als anaerobe Glykolyse, wird dann Glucose aus dem Blutkreislauf oder den Glykogenspeichern genutzt, um ATP zu resynthetisieren. Dieser Ablauf findet ohne die Verwendung von Sauerstoff statt, wodurch das aus der Glucose gewonnene Pyruvat dann zu Milchsäure (Laktat) abgebaut wird. Die anaerobe Glykolyse führt also zu einem schnellen Anstieg der Laktatkonzentration im Blut, was bei entsprechender Intensität und Dauer infolge zur Hemmung wichtiger Enzyme für die Muskelkontraktion führt.
Diesen Prozess erlebt wahrscheinlich jeder von uns regelmäßig beim Sport, wenn die Muskeln anfangen zu brennen und wir wissen, dass wir diese Intensität dann nicht mehr lange durchhalten können. Genau in diesem Moment läuft die anaerobe Glykolyse auf Hochtouren und erreicht somit nach und nach ihr Limit. Die Kapazität des anaerob-laktaziden Systems liegt im Bereich von 20-90 Sekunden bis zu maximal 2 Minuten. Den Höhepunkt erreicht es wahrscheinlich dann bei mittel-hochintensiven Intensitäten im Bereich von 30-60s, sprich einem 400m Sprint oder 60s All-Out Sprint auf dem Air Bike. Sehr kurze CrossFit Workouts wie zum Beispiel Grace oder Isabell würden bei Top Athleten hierzu auch in diese Kategorie fallen.
Das aerobe oder auch oxidative System ist das ergiebigste Energiesystem des menschlichen Körpers und lässt sich zudem in zwei Pfade der aeroben Energiegewinnung unterteilen: der aeroben Glykolyse sowie der aeroben Lipolyse. Bei der aeroben Glykolyse findet dann die Verstoffwechselung von Glucose unter der Nutzung von Sauerstoff statt. Dieser Stoffwechselvorgang ist wesentlich effektiver als die anaerobe Glykolyse, denn pro Molekül Glucose kann mehr ATP gewonnen werden. Allerdings läuft dieser Prozess deutlich langsamer ab als die anaerobe Glykolyse, wodurch die ATP-Bildungsrate beim oxidativen System insgesamt geringer ist. Hält eine relativ hohe Belastung über 2 Minuten an oder starten wir direkt bei einer niedrigen bis moderaten Intensität, ist die aerobe Glykolyse dann der dominante Pfad der Energiegewinnung. Beispiele hierfür sind ein 3000m Lauf, 2000m Rudern sowie ein Großteil aller CrossFit Workouts (häufig im Zeitbereich von 3-20 Minuten).
Neben der aeroben Glykolyse hat das oxidative System aber auch noch die Möglichkeit, über die aerobe Lipolyse, also durch die Verstoffwechselung von Fetten (freien Fettsäuren) unter der Nutzung von Sauerstoff dann ATP zu bilden. Auch wenn der Abbau von Fettsäuren noch mehr ATP pro Molekül liefert, im Vergleich zur aeroben Glykolyse, so ist dieser Vorgang allerdings um einiges langsamer und benötigt zudem mehr Sauerstoff. Da unsere Sauerstoffaufnahme jedoch durch die Lunge begrenzt ist, ist die aerobe Lipolyse daher nur bei niedrigen Intensitäten und sehr langen Belastungszeiten von über 2 Stunden, wie z.B. Ultra-Endurance Events oder einer langen Wanderung von größerer Bedeutung.
Quellen