Koffein als ergogene Substanz zur Leistungssteigerung im Ausdauersport – ein sinnvolles Unterfangen? Teil 1

Das Thema, die eigene Leistungsfähigkeit durch eine gezielte Ernährung sowie durch die Einnahme von Supplementen zu steigern, gewinnt zunehmend an mehr Aufmerksamkeit. Das betrifft nicht nur Athleten und Trainer von Sportarten, in welchen Bruchteile von Sekunden über Sieg und Niederlage entscheiden, sondern ebenfalls auch verstärkt leistungsorientierte Breitensportler.

Seit vielen Jahren werden in der sportwissenschaftlichen Literatur die positiven Effekte von Koffein auf die sportliche Leistungsfähigkeit, insbesondere im Bereich des Ausdauertrainings, diskutiert. Koffein ist auch bei vielen Athleten ein beliebtes Supplement. Die Athleten führen Koffein gezielt im Rahmen des Trainings zu, mit der Intention die eigene sportliche Leistung damit zu steigern und den Wettbewerbern dann einen Schritt voraus zu sein.

Mit diesem Artikel wollen wir Dir Informationen über den Einfluss von Koffein auf unsere Leistungsfähigkeit (im Bezug auf Ausdauersport) liefern. Im zweiten Teil der Koffein-Reihe werden wir dann das theoretische Wissen mit einem Auszug der aktuellen Studienlage untermauern.

Was sind ergogene Substanzen?

Steigen wir zunächst im lerntheoretischen Teil mit einer Begriffsklärung ein.
Was wird unter einer ergogenen Substanz verstanden?
Ergogene Substanzen sind solche Substanzen, welche dann die sportliche Leistungsfähigkeit eines Menschen über das durch Talent, Training und Ernährung erreichbare Maß hinaus – legal oder illegal – steigern sollen.
Sie werden folglich als ernährungsbezogene Leistungsförderer beworben. Alle ergogenen Hilfen fallen unter den Bereich der Nahrungsergänzungsmittel. Die ernährungsbezogenen Leistungsförderer können in verschiedene Gruppen eingeteilt werden. Körpereigene Wirkstoffe sind beispielsweise das sehr bekannte Kreatin oder L-Carnitin. Koffein ist dabei in der Gruppe der Alkaloide angesiedelt. 

Eine Koffeineinnahme zur Leistungssteigerung ist aktuell eine legale Maßnahme. Denn im Jahre 2004 hat die Welt Anti-Doping Agentur (WADA) Koffein von der Doping-Liste gestrichen. Seitdem befindet sich Koffein dann nur noch im Monitoring Programm der WADA, welches dazu dient, Substanzen bei Dopingkontrollen mitanalysieren zu lassen, um so die Entwicklung von möglichen Missbräuchen beobachten zu können. Eine offizielle Ahndung gibt es daher aber nicht.


Wo kommt Koffein natürlicherweise vor?

 

Koffein (1,3,7-Trimethylxanthin) ist eine pharmakologisch aktive Substanz, die weltweit am häufigsten konsumiert wird und zudem zu den ältesten Genuss- und Arzneimitteln der Welt zählt. Koffein gehört zu den Purinalkaloiden, welche oft auch als Methylxanthine bezeichnet werden. Diese Substanz ist ein Naturstoff, der übrigens in Blättern, Früchten oder Samen von mehr als 100 Pflanzenarten zu finden ist. Alkaloide sind dabei stickstoffhaltige Verbindungen, die dann den Pflanzen als Schutz vor Fressfeinden und Parasiten dienen. Unter den Nutzpflanzen enthält der Teestrauch, der Kaffeestrauch, die südamerikanische Schlingpflanze Paullinia cupana (Guarana), die Kolanuss sowie der Matestrauch die höchsten Koffeingehalte. Auch Kakao weist geringe Mengen Koffein auf.


Wie wird Koffein im menschlichen Körper metabolisiert und welche Faktoren nehmen Einfluss?

Die Resorbierung von Koffein erfolgt schnell, innerhalb von 45 Minuten, über den Magen-Darm-Trakt. Die Bioverfügbarkeit beträgt 90 – 100%, d.h. Koffein wird dann praktisch vollständig verstoffwechselt. Im Blut werden, je nach Konstitution, dann die höchsten Koffeinkonzentrationen 15 – 120 Minuten nach der Einnahme erreicht. Aufgrund seiner lipophilen, also fettlöslichen, Eigenschaften passiert Koffein die Blut-Hirn-Schranke infolge fast ungehindert. 

Die Halbwertszeit zum Absinken des Koffeingehalts im Blut hängt stark vom Geschlecht, Alter, Körpergewicht, einer möglichen Medikamenteneinnahme sowie der körperlichen Verfassung insbesondere der Gesundheit der Leber ab. Bei Erwachsenen beträgt sie in der Regel 2,5 – 5 Stunden. Rauchen erhöht jedoch die Enzymaktivität, die dazu führt, dass der Abbau von Koffein schneller erfolgt und sich die Halbwertszeit um 30 – 50% verkürzt. Bei Frauen ist die Metabolisierung vom Stadium des Menstruationszyklus abhängig und die Einnahme der Pille kann zudem die Verstoffwechselung nahezu verdoppeln. Auch bei einer Schwangerschaft baut sich Koffein langsamer ab und die Halbwertszeit kann sich dann auf bis zu 15 Stunden ausgedehnen. 

Insgesamt wird Koffein individuell höchst unterschiedlich abgebaut. Zudem ist Koffein in wasserfreiem Zustand, also als Kapsel, Pulver oder Tablette stärker wirksam als zugeführt über natürliche Lebensmittel. 

Koffein-Metabolismus - Bei jedem Gleich?

Über 95% des Koffeins werden durch das CYP1A2-Enzym metabolisiert. Auf Basis dieser körperlichen Ausstattung lassen sich dadurch Individuen in Non-Responder sowie langsame und schnelle Metabolisierer von Koffein kategorisieren. Es gibt also folglich auch Personen, bei denen eine Koffeinzufuhr generell überhaupt keine Wirkung zeigt. Außerdem existieren große Unterschiede, wie schnell eine Wirkung bei einem Menschen eintritt und wie lange sie anhält.

Welche Wirkungen von Koffein sind in der Fachliteratur beschrieben?

Koffein wirkt primär als Stimulans auf das zentrale Nervensystem und kann durch die erregende Wirkung dazu beitragen, für eine gewisse Zeit Müdigkeit und Erschöpfung zu überwinden und die Leistungsfähigkeit zu steigern. Es erhöht ferner die Herzfrequenz und erweitert allgemein die Blut- und im speziellen die Herzkrankgefäße, hebt den Blutdruck sowie die Körpertemperatur, erweitert die Bronchien und stimuliert die Verdauung und Harnausscheidung

Außerdem beeinflusst Koffein die Aufmerksamkeit, Konzentrationsfähigkeit, das geistige Leistungsvermögen und den Schlaf

Mit wieviel Koffein welche Effekte erzielt werden können, kannst du im zweiten Teil, die Studienlage, lesen.


Und beim Sport?

Weiter stimuliert Koffein die Muskeltätigkeit und induziert eine erhöhte Mobilisierung von intrazellulären Kalzium, was infolgedessen zu einer verbesserten Muskelkontraktion führt. 

Die Förderung der Lipolyse, also die Oxidation freier Fettsäuren, führt dazu, dass dann beim Training wertvolle Kohlenhydrate eingespart werden können. Die gesteigerte Lipolyse und der damit einhergehende glykogensparende Effekt treten allerdings nur bei trainierten Sportlern auf, deren Muskeln in der Lage sind, die vermehrt freigesetzten Fettsäuren auch zu nutzen. 

Koffein zeigt auch positive Effekte auf die psychomotorische Leistungsfähigkeit hinsichtlich Reaktion und Koordination, welche für die Performance eine relevante Größe darstellen kann. Überdies verfügt Koffein über schmerzlindernde Eigenschaften, sodass während und nach dem Training weniger Muskelschmerz auftritt. Dieses Attribut steht sehr wahrscheinlich im Zusammenhang mit der Tatsache, dass Koffein die subjektive Bewertung der wahrgenommenen Anstrengung beim Sport positiv verändert. 

Abschließend gibt es auch viele Berichte/Aussagen darüber, dass Koffein belebend und stimmungsaufhellend wirkt.

Die International Society of Sports Nutrition vertritt folgende Sicht hinsichtlich Koffein und Sport:

  • Koffein gilt als ein wirksames ergogenes Hilfsmittel für eine anhaltende maximale Ausdauertätigkeit und hat sich auch als sehr wirksam zur Verbesserung der Zeitfahrleistung (Radsport) erwiesen.
  • Koffein ist vorteilhaft für hochintensive Trainingseinheiten von längerer Dauer, einschließlich Mannschaftssportarten wie Fußball, Feldhockey oder Rudern, jedoch ist die Leistungssteigerung abhängig von der Kondition der Sportler.
  • Die Literatur ist inkonsistent in Bezug auf Kraftsport. In diesem Bereich existiert aktuell noch weiterer Forschungsbedarf.

Wie sieht es mit möglichen Nebenwirkungen aus?

In hohen Mengen kann Koffein zu Beschwerden wie Unruhe, Herzklopfen und Herzrasen, Handzittern, Muskelzuckungen, Schlaflosigkeit, Magenbeschwerden, Schweißausbrüchen und Übelkeit führen. Die Zufuhr von 11g reinem Koffein oder mehr ist dann für einen Erwachsenen tödlich. Diese Dosis ist allerdings durch den Konsum von koffeinhaltigen Getränken oder Nahrungsmitteln nicht erreichbar. 

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit ( EFSA) hat 2015 ein Gutachten zur Sicherheitsbewertung von Koffein veröffentlicht. Demnach sind Einzeldosen von bis zu 200mg Koffein, bzw. etwa 3mg pro Kilogramm Körpergewicht, aus allen aufgenommenen Quellen für die gesunde erwachsene Allgemeinbevölkerung unbedenklich. Die gleiche Menge an Koffein ist unbedenklich, wenn sie weniger als 2 Stunden vor intensiver körperlicher Betätigung aufgenommen wird. Gesamtdosen von bis zu 400mg Koffein bzw. etwa 5,7mg pro Kilogramm Körpergewicht aus allen aufgenommenen Quellen ist für die gesunde erwachsene Allgemeinbevölkerung unbedenklich.

Je nach Koffeinempfindlichkeit und Gewöhnungseffekten sind die Wirkungen und Nebenwirkungen unterschiedlich stark ausgeprägt. Koffein zählt zwar nicht zu den süchtig machenden Stoffen, allerdings kann sich eine leichte Abhängigkeit mit entsprechenden Nebenwirkungen bei Abstinenz einstellen. Der Organismus gewöhnt sich relativ schnell an Koffein. Diesem Gewöhnungseffekt kann man dann nur durch eine entsprechende Dosiserhöhung entgegenwirken.

 

Den Instagram Post zu diesem Thema und weiteren Artikeln rund um Sport und Ernährung findest du hier!

Quellen

  • Goldstein, E.R., Ziegenfuss, T., Kalman, D. et al. International society of sports nutrition position stand: caffeine and performance. J Int Soc Sports Nutr 7, 5 (2010). https://doi.org/10.1186/1550-2783-7-5
  • Bortolotti, Henrique et al.: Performance during a 20-km cycling time-trial after caffeine ingestion. Journal of International Society of Sports Nutrition, 2014 11:45
  • de Alcantara Santos, Ralmony et al.: Caffeine Alters Anaerobic Distribution and Pacing during a 4000-m Cycling Time Trial. PLoS One, 2013 8:e75399
  • Desbrow, Ben et al.: The effects of different doses of caffeine on endurance cycling time trial performance. Journal of Sports Sciences, 2011 30:115–20
  • Duncan, Michael J et al.: The Effect of Caffeine and Rhodiola Rosea, alone or in combination, on 5-km Running Performance in Men. Journal of Caffeine Research, 2015 6. 10.1089/jcr.2015.0025

SCHREIBE EINEN KOMMENTAR

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert